Koeln-Bonn - 18. September 1967
Ein neunzehnjaehriger Beamter des Auswaertigen Amtes besteigt die Lufthansa Maschine nach Athen,
Sein Name, Hans-Guenter Pahl,sein Ziel - Deutsche Botschaft Tel Aviv - Israel.
Zum ersten Mal sitzt er im Flugzeug, er spuert dass sich ihm eine neue Welt auftut.
Der Flug verlaeuft ruhig und das Gefuehl der Weite ueber den Wolken ist unbeschreiblich schoen, Freiheit und Herausforderung zugleich,ungestuem und tief beeindruckend ...
Er fliegt einer neuen Zukunft entgegen und empfindet seltsam ein tiefes inneres Gefuehl, das ihn in Erregung versetzt, dieser erste Flug hat etwas Besonderes,Schicksalhaftes.
Drei Monate soll die Abordnung dauern, so steht es in dem "Marschbefehl", er habe seine Englischkenntnisse zu vertiefen, so lautet die Auflage seiner Vorgesetzten in Bonn.
Nach kurzem Zwischen-Aufenthalt in Athen beginnt der letzte Abschnitt dieser Reise, eine Maschine der Air France bringt ihn und die Mitreisenden sicher nach Tel Aviv.
Die Erregung ist gross, er zittert und bekommt eine Gaensehaut.Es ist 19:00 der Himmel ist rot purpurfarben, die Dunkelheit setzt rasch ein ohne Uebergang, ein ungewohntes, fazinierendes Schauspiel
Tel Aviv war seine Wahl,der erste Auslandsposten.
Das Leiden und Sterben, die systematische Ausrottung des juedischen Volkes war tief in seiner Seele eingegraben, der Holocaust liess ihn seit seiner Kindheit nicht mehr los.
Die Henker und Monster mit dem Totenkopfabzeichen waren Deutsche, sprachen seine Muttersprache, sangen die gleichen Lieder ....
Jeden Tag waehrend der Ausbildung schaute er auf zum Davidstern der neuen Synagoge in Bonn, die sich genau gegenueber dem Auswaertigen Amt befindet.
Juni 1967, der Sechs-Tage Krieg lag erst ein paar Monate zurueck....
Gross war damals die Sorge um die Existenz Israels
Nasser hatte die Ausradierung Israel grosspurig und lauthals verkuendet
Doch es gelang der Israelischen Armee auch diesmal wieder das Blatt mit Gottes Hilfe zu wenden
Die Erleichterung,der Siegestaumel,die Unschlagbarkeit der israelischen Armee,Euphorie und Zuversicht praegten das neue Israel nach 1967.
Eine Euphorie die einen bitteren Beigeschmack erhalten sollte, Besatzung - KIBUSH
Fluechtlinge, neues Leid, schweres Los. Palaestinas Schattenseite.
Die Palaestinenser hatten sich den Sieg erhofft,nun erwartete sie groesseres Leid als je zuvor.
Neue Fluechtlingslager, das Trauma von 1948 erhielt neuen Auschwung mit dem Trauma von 1967. Die Zahl der Fluechtlinge wuchs,das Leid war unertraeglich, die Zahl der Lager wuchs,die Tragoedie nimmt weiterhin ihren Lauf.
Die dreimonatige Abordnung wird noch einmal um drei Monate verlaengert.
Ich habe bereits neue Order, "Strassburg" lautet der naechste Auslandsposten, doch das Schicksal wollte es anders
43 Jahren sind seit damals vergangen, aus 3 Monaten wurden 4 Jahrzehnte ....
Mein Gott, wohin hast DU mich entsandt, DU, nicht das Auswaertige Amt in Bonn .
DU liessest mich den Weg allein gehen, mit neuen Ideen,keinem Lager zugehoerig, keinem Ruf anderer Bewegungen folgend , allein und doch nicht allein, denn DU warst und bist bei mir, und hebst mich aus dem Staub wenn ich schier verzweifeln will, mich aus dem Staube machen will, die Buerde mir zu schwer erscheint...
Dabei will dieser Mensch nur Eines - FRIEDEN STIFTEN, LEID und NOT LINDERN, eine Stimme des Friedens und Versoehnung in der Wueste der Gleichgueltigkeit,der Verrohung und Verachtung.
DAS ist sein Auftrag, den er von Allerhoechster Stelle aus erhalten hat !
Einfaeltig und naiiv sagen die Einen, mutig und bewundernswert sagen die Anderen.
Und um mich herum eine scheinbar heile Welt, doch das Elend ist ueberall gegenwaertig.
Im Radius von nur 100 Kilometern spielen sich taeglich Dramen ab. Dramen von denen wir nichts wissen wollen,denn wir leben unser scheinbar sorgloses Leben.
Die 43 jaehrige Okkupation ist unertraeglich und unhaltbar fuer beide Seiten.
Gewalt und Gegengewalt, Terror, Blut und Traenen.
Und KEINER will wirklich und aufrichtig nachgeben,oder vermeint nicht nachgeben zu koennen, um nicht die eigene Existenz zu gefaehrden, Aufgabe bedeutet Niederlage und den sicheren Tod, Selbstmord ...
Wir verdammen jede Form der Gewalt, besonders die Selbstmord Aktionen islamischer Extremisten gegen die Zivilbevoelkerung !
Da erschiessen Terroristen kaltbluetig kleine, unschuldige juedische Kinder in ihren Betten,da feuern israelische Panzer ihre schweren Panzergranaten in die Staedte,da wird aus der Luft bombardiert,die auch unschuldige,zuviele unschuldige Zivilbevoelkerung trifft.
Zuviele Fehler begeht die Armee, und sie entschuldigt sich, doch keine Entschuldigung und kein Bedauern machen die unschuldigen Opfer wieder lebendig ....
Zuviele Ueberfaelle, Raketenabschuesse Richtung Israel werden aus den Lagern und Staedten abgefeuert, auf Milde hoffend, da ja Zivilbevoelkerung als Schutzschilde herhalten muessen !
Und prompt folgt der Gegenschlag, sind neue Opfer zu beklagen ...
Zivilisten duerfen niemals als menschliche Schilde missbraucht werden !
Jeden Tag werden neue Graeber gegraben, jeden Tag wird irgendwo im Heiligen Lande die Erde mit Blut getraenkt.Ein Land frisst seine Kinder. Die gegenseitige,unmenschliche Umklammerung ist so grausam fuer alle Beteiligten, das Leid und Elend ist riesengross.
Beide Seiten opfern ihre Kinder und Soehne, wie rasende Woelfe, die in einander verbissen sind und die Kehle des anderen zerfleischen wollen.
Mein Gott erbarme Dich ! Mein Gott wohin hast DU mich entsandt ?
Ich hasse dieses sinnlose Killen und Abschlachten, die Kinder sinken so still und stumm zu Boden, zu Tode getroffen ....
FRIEDEN ? - Wo ist dieser Frieden ? Nur auf dem Friedhof Heilig Land ?
NEIN - Wir duerfen nicht verzweifeln, sondern muessen weiterhin eine FRIEDLICHE Loesung suchen und finden, wir muessen es einfach schaffen !
Ohnmaechtig und unfaehig das Leid zu lindern und abzuwenden, sinke ich neben den toten Leibern nieder,umfasse sie ein letztes Mal, benaetze sie mit meinen heissen Traenen,
beweine die Toten dieses Heiligen und zugleich von Krieg und Kampf zerissenen Landes.
Alle wollen doch nur das EINE - in Frieden leben, etwas Glueck, etwas Geborgenheit, etwas Liebe ...aber alle wollen alles nur fuer sich allein. Zwei Voelker und ein Land, wie kann das nur so weitergehn ??? Niemand hat wirklich eine Antwort auf diese Frage, nicht Jerusalem und Tel Aviv, nicht Ramallah und Gaza, nicht Washington und New York,nicht Berlin und Strassburg,und auch nicht Moskau.
Und die Gefallenen ? Sie sind alle unsere Kinder, ob Juden oder Muslime oder Christen, wie klein, ohnmaechtig und zitternd wir vor den Totenbahren stehen, einander nicht in die Augen sehen koennen
Unsere Kinder, unsere Muetter, unsere Vaeter, unsere Brueder, unsere Schwestern in bunte Fahnentuecher gehuellt.
Leuchtende Farben umgeben die geschundenen und oft unkenntlichen Leiber - rot - schwarz - weiss - gruen die Einen, blau weiss blau mit dem Davidstern die Anderen ...
Schuesse,Sprechchoere,Hasstiraden und Rachegeluesste uebertoenen das Klagen und Wehgeschrei der trauernden Familien.
Und noch mehr Hass und noch mehr Gewalt nach jeder Beerdigung ! Ein Teufelskreis zieht seine neuen Wahnsinnskreise
Traeume und Illusionen werden zu Staub.
Viele sind noch viel zu jung, haben noch nichts vom Leben gehabt, unsere armen Toten, manche waren verblendet und hasserfuellt, manche haben nur aus schierer Angst gehandelt, viele ja zuviele, gerieten unschuldig in die Schusslinien zwischen den Fronten.
Und auf allen Seiten ratlose,inhaltlose Rederei ...,bis jetzt
Herr erbarme Dich Ihrer und Unser !