In meinem Profil schrieb ich, daß alle meine Geschwister damals in verschiedene Heime kamen. Ich hatte das "Glück" mit meinen Zwillingsbruder zusammen bleiben zu dürfen. Eine meiner Schwestern kam mit unserer älteren Schwester und einem Bruder in eine Einrichtung. Dort wurden sie aber in verschiedene Gruppen eingeteilt. Der Trennungsschmerz ging so weit, daß unsere Schwester S., (ich nenne sie mal so, weil ich den richtigen Namen nicht schreiben möchte) anfing, das Möbilar zu zerstören, als man sie von der "Großen" trennte. Sie konnte es nicht ertragen, ohne sie in einem anderen Raum zu sein. Unsere Mutti verstarb vor ihren Augen. Da kann man die Reaktion und die Verlustängste verstehen. Nach der Heimzeit sprach sie nie wieder darüber und wollte auch nicht daran erinnert werden. Vor einiger Zeit besuchte sie mich und zeigte mir ein Blatt, auf dem sie die ersten Sätze über ihre Heimzeit aufgeschrieben hatte. Es sollte ein Buch werden, sprach sie und ich solle sie beim Satzaufbau etwas unterstützen. Natürlich helfe ich ihr gern. Um gemeinsam darüber zu schreiben, muss ich aber vom Inhalt mehr wissen, als nur Bruchstücke. Leider blockte sie ab und meinte,:Konzentriere dich auf die Rechtschreibung und alles Andere geht mich nichts an." So kann ich nicht an ihre "Sache" rangehen. Schließlich bin ich die Schwester, und wenn wir schon als Kinder auseinandergerissen wurden, interessiert mich ihre Heimzeit schon. Das Ende vom Lied---Sie gab ihr Vorhaben auf, alles aufzuschreiben. Das finde ich sehr schade, denn wenn sie so schon nicht darüber reden kann, wäre eine Verarbeitung ihrer Kindheitserinnerung im Heim in Form einer Niederschrift doch ein guter Anfang für sie gewesen.Oder wie seht ihr das?
Erinnerung der Heimzeit für sich aufschreiben und trotzdem nicht darüber reden wollen. Ist das normal?
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Liebe Zwilli, ich hoffe und wünsche Deiner Schwester, daß sie die Niederschriften über die Dinge, über die sie nicht sprechen kann/will, auf jeden Fall fortsetzt. Etwas aufzuschreiben bedeutet aber auch, Dinge, die man bisher verdrängt hat, nun anzuerkennen. Für sich selbst anzuerkennen, daß man von Geschehnissen betroffen ist, von denen man eigentlich gar nicht betroffen sein will. Ich habe das jahrelang gemacht und es hat mir schon geholfen, aber natürlich nicht von heute auf morgen, es braucht schon seine Zeit. Das, was ich aufgeschrieben hatte, hätte ich allerdings niemals anderen zugänglich gemacht, ich wollte erst einmal selbst mit den Dingen klarkommen, um dann vielleicht nach und nach über das eine oder andere auch mit anderen sprechen zu können. Ein bißchen widersprüchlich finde ich den Gedanken, daß Deine Schwester ihre Geschichte einerseits als Buch herausbringen will, was ja bedeutet, daß quasi die ganze Öffentlichkeit daran teilhaben könnte, aber andererseits nicht einmal mit Dir als ihre Schwester über alles sprechen will. Ich finde, sie sollte auf jeden Fall mit dem Schreiben weitermachen und im Lauf der Zeit wird sie daraus auch Erkenntnisse gewinnen, die ihr bisher aufgrund des Verdrängens verschlossen blieben. Am Anfang schreibt man ja alles recht grob auf, später geht man dann mehr ins Detail. Ich weiß nicht, ob Deine Schwester noch Kontakt zu anderen Leuten hat, die damals mit ihr im Heim waren. So könnte sie einen Eindruck gewinnen, wie andere heute damit umgehen. Ich wünsche Deiner Schwester auf jeden Fall alles Gute.
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Kontakt hat meine Schwester nicht zu ihren ehemaligen Heimkameraden. Es gibt aus ihrer Einrichtung auch hier im Forum Einige, die sich aus "ihrem" ehemaligen Heim gemeldet haben. Meine Bemühungen sich das doch mal durch zu lesen, blieben ohne Erfolg. Sie lehnt es ab. Muss wohl sehr schwer für sie gewesen sein damals. Nun kann ich nur warten, ob sie noch einmal zu mir kommt und weiterschreiben will. Bedrängen werde ich sie jedenfalls nicht.
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