Jugendwerkhof Gerswalde Neues Leben / 1955-89

  • Dorfmitte 17
    Neubrandenburg


    Wenn Du in dieser Einrichtung warst, kannst Du hier alles posten,
    an was Du Dich erinnerst


    Hinweis:


    Der Forengeist beinhaltet mehrere Accounts von ehemaligen Teammitgliedern,
    die uns vor langer Zeit verlassen haben und welche viele Erstbeiträge von den Heimen erstellten.


    Es ist somit also ein reiner Systemaccount,
    hinter dem keine reale Person steht, die auf Beiträge oder PN´s antworten kann.


    Seht also bitte davon ab, dem Forengeist zu schreiben, da ihr keine Antwort erhalten werdet.

  • Auch ich war hier, meinen Beitrag schreibe ich gerade und stelle ihn dann hier mit rein. meine Zeit war von August 1981 bis 11. August 1984. Ich habe an diesen Werkhof gute und auch schlechte Zeiten erlebt. Jeder ist sich selbst der nächste gewesen. Ich konnte durch die Lehre die ich dort machte einiges für´s Leben gewinnen. Erlernt habe ich den Beruf eines Haus- und Hofschlossers. Im LIW Prenzlau haben wir in der Demontage bis hin zur Endabnahme und Spritzerei gearbeitet. Daher habe ich sehr viel über Motoren kennengelernt und auch gewinnen können. Ich kann mich sehr gut an diese Zeiten erinnen, wie oben schon geschrieben stelle ich meinen Beitrag später mit rein.
    Die liebsten Grüße schreibt Euch Euer Micha aus Dresden

  • 28 jahre habe ich gebraucht - mehrere abgebrochene anläufe - bis ich mich im sommer 2011 dazu durchringen konnte, noch einmal nach gerswalde zu fahren.
    habe meine familie mitgenommen, frau und sohn - weil ich alleine wohl keinen schritt in meine "vergangenheit" geschafft hätte.
    vom ehemaligen karl-marx-stadt / jetzt chemnitz war es immerhin nicht gerade der nächste weg in dieses dorf im ehemaligen "bezirk neubrandenburg".


    die letzten kilometer landstrasse waren schon "emotional angespannt" bis dahin, der weg dann durchs tor, zur "anmeldung" im barackenflachbau rechts rief dann schlagartig alle erinnerungen, die ich seit 1983 in mir vergraben hatte, wieder hoch.
    und ja - ich gebs zu, ich hab die ersten minuten geheult und auch während meines rundganges in der immer noch "vertrauten umgebung" überkamen mich erinnerungen, die mir doch immer mal das atmen schwer gemacht haben.
    auch meine ausbildung war die eines "schlosserhelfers", im damals üblichen SV-buch unter der berufskennziffer 24100 abgelegt (haus- und hofschlosser = diese berufsbezeichnung gab es gar nicht!)
    "offiziell" nannte sich dieser "ausbildungsberuf" landmaschinen- und traktorenschlosserhelfer mit teilfacharbeiter-abschluss, bedingt durch "nur" eineinhalb jahre lehrzeit.
    so sagts mir mein "teilfacharbeiterbrief" aus damaliger zeit.
    meine lehrmeister waren der herr bierhals und der herr zecher, die einzigen zwei menschen, an die ich innerhalb meiner heim- und jugendwerkhofjahre eine relativ positive erinnerung habe - als menschen, weil die die einzigen waren, die mir zutrauten, später zurecht zu kommen und in mir potential erkannten, das ichs zu was bringen könnte und mich entsprechend unterstützt haben.
    beide leben ebenfalls nicht mehr.
    ich habe leider 28 jahre zu lange gebraucht, um mich bei beiden bedanken zu können.


    ich habe ebenfalls im LIW prenzlau als "lehrling" gearbeitet, meine erinnerungen allerdings fördern eher "billige hilfsarbeiten" statt wirkliche "ausbildungstätigkeiten" zu tage.


    als ich mit meiner familie - nach ankunft im nun heute "jugendheim neues leben" (so stehts wirklich heute überm eingang! man hat nur einige buchstaben im alten schmiedeeisernen rundbogen getauscht!!!) heißenden ehemaligen jugendwerkhof - begann, meine "runde" zu drehen da, die stationen meines aufenthaltes abzulaufen, den baum im (heute nennt man es "park") zu suchen, in den ich als 15jähriger meine initialen geritzt hatte, wollte die gänsehaut, die sich auf dem körper breitgemacht hat, einfach nicht verschwinden.
    ich hatte gehofft, noch einmal einem meiner erzieher zu begegnen - herrn schottke - um ihm in die augen zu blicken und ihn und seine damaligen ansichten über mich lügen zu strafen.
    denn dieser mann war stets bemüht, mir zu erklären, das ich ein leben lang "zweite garnitur", "aus mir nicht werden wird", "im knast ende" und noch weitere aufbauende nettigkeiten, die er für mich übrig hatte während meines aufenthalts in gerswalde.


    leider ist dieser mann verstorben und so lief mein "besuch" nach 28 jahren nicht ganz zu meiner zufriedenheit, denn dieses lange vor mir hergeschobene, erhoffte gespräch konnte nicht mehr stattfinden.
    ich hätte ihm zu gern erklärt, das ich heute familie habe, beruflich erfolgreich bin, als selbständiger meine eigene firma führe und mir aus der zeit im jugendwerkhof eigentlich nur eines fürs leben mitgenommen habe - andere menschen zu achten, statt zu verachten.
    an mehr bzw. andere namen von "erziehern" aus dieser zeit kann ich mich keider nicht mehr erinnern, dafür geistern in mir aber noch namen ehemaliger zeitgleich weggesperrter aus meiner zeit in gerswalde.


    ich kann die "vorzüge", die der threadstarter michael bürger für sich als "fürs leben positiv beeinflusst" benennt, nicht nachvollziehen.
    meine erinnerungen sind andere.
    arrest gleich zur "einweisung" - 10 tage am stück - nur weil ich mir (angeordnet von diesem herrn schottke) von einem zukünftigen "gruppenmitglied" nicht die haare mit einer fingernagelschere kurzschneiden lassen wollte und dagegen rebelliert hatte ...
    leibesvisitation früh halb 6 bei meiner ankunft nach 3h fahrt inklusive duschens mit dem schlauch und kaltem wasser - nackt vor 3 erziehern und einer erzieherin ...
    wegnahme meiner persönlichen bekleidung und herausgabe von "ersatz" aus der "kleiderkammer" ...
    wiederholter arrest, weil ich "anordnungen", die offensichtlich nur dem zwecke dienten, uns große kinder - denn nichts anderes waren wir als jugendliche ja noch - zu "disziplinieren", in frage stellte hinsichtlich ihres sinnes und zwecks. ....
    essensentzug, wenn man die "nachtruhe" durch leise unterhaltungen "gestört" hatte, am nächsten tag. dann gings auch mal ohne gefüllte "brotbüchse" zum arbeiten nach prenzlau ...
    an anderes mag ich mich schon wieder gar nicht mehr erinnern, denn dann keimt in mir wieder diese ohnmächtige wut vergangener zeiten auf ...
    und noch so einiges andere mehr, was sich in diesen anderhalb jahren so gesammelt hatte.


    mir hat der "aufenthalt" im jugendwerkhof auch später bis zur wende immer wieder steine in den weg gelegt.
    egal, in welcher firma/betrieb/etc. man arbeiten wollte, egal, welche tätigkeit man sich vorstellte - spätestens in den sogenannten "kaderabteilungen" wurde dann offensichtlich, das man trotz leistung, arbeitzeuglichem leumund der letzten firma IMMER mit der ersten seite seiner "kaderakte" auch den dick unten rechts prangenden stempel "jugendwerkhof neues leben gerswalde" mit sich herumschleppte und somit sofort schief angeschaut und als minderwertiger als andere angesehen wurde.
    sehr viele menschen in der damaligen DDR, die selbst kaum etwas wussten über die heime und werkhöfe und ihre phantasie darüber nur mit gerüchten nähren konnten, sahen einen "exinsassen" gleichbedeutend mit einem an, der im knast gewesen sein musste ... und demzufolge bestimmt "was ganz schlimmes getan" hatte.
    und wer "da" herkam, der konnte doch nichts taugen!


    dieses jahr nun sind es 29 jahre, die mich von meiner entlassung 1983 trennen und ich habe für mich mit diesem kapitel immer noch nicht abschliessen können, ob ichs je werde, weiß ich auch nicht.
    aber eins weiß ich - insgesamt "positive erinnerungen" werde ich wohl nie verbinden mit meiner zeit in gerswalde.


    es grüßt michael *edit* / chemnitz
    von 20.03.1982 - 23.09.1983 im JWH gerswalde


    hier noch ein paar "impressionen" aus vergangenen tagen ... manches hat sich kaum verändert bis heute!


    der "eingangsbereich" - wirklich "verändert" hat sich heute nur die beschriftung des bogens ...




    die ehemalige "verwaltung" - in der alles begann ...




    die alte schlosserei im werkhof ...



    eine alte ansicht (aus einem dort stehenden schaukasten mit wenigen informationen über die damalige "nutzung als jugendwerkhof")
    man hat heute übrigens teilweise informationen aus vergangener zeit "beschönigt" ...



    nach der wende saniert und nicht mehr grau in grau - das "schloß" derer "von barnim" (45 enteignet) und dann jahrzehnte lang jugendwerkhof,
    heute befinden sich darin u.a. "wohngruppen" des "jugendheimes" ...


    und wer von den dagewesenen erinnert sich nicht an die "alte burg", die wir per hand in "arbeitseinsätzen" damals begannen, von schutt und geröll freizulegen!




    *edit* Private Daten bitte per PN (private Nachricht), E-Mail oder auf anderen privaten Wegen austauschen und/oder im Profil hinterlegen. Siehe dazu auch § 3.1.9 der Nutzungsbestimmungen.

    Einmal editiert, zuletzt von jw1hal ()

  • Dieses Thema enthält 29 weitere Beiträge, die nur für registrierte Benutzer sichtbar sind, bitte registriere dich oder melde dich an um diese lesen zu können.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!