Es muss so etwa im Herbst 1986 gewesen sein. Zusammen mit Thorsten Seegert hatten wir unsere Flucht Monate lang geplannt...immer wieder auf der Karte eingezeichnet welchen Weg wir nehmen würden....aber Papier ist ja bekanntlich sehr geduldig......
Es gab da so einen Dienst, wie der heisst weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall wurden da immer 2 zur Gelände Pflege für 30 Minuten raus geschickt.
Thorsten Seegert und meine wenigkeit, wir meldeten uns Freiwillig an diesem Freitag am späten Nachmittag nach der Großreinigung, Harken am Schiess Stand war auf dem Plan.
Was quasi Ideal war, einige von euch wissen das sicher noch, Hinterm Schiesstand verlief der Zaun des Heimgeländes, der Zaun verlief mitten durch einen Sandhaufen, was die Flucht doch sehr erleichterte.
Dort sind wir so wie wir am Schiesstand ware dann auch rübergeklettert, haben die Harken Quasi einfach liegen gelassen und sind erstmal ein Stück weit durch den Wald gelaufen an Rand von Weißwasser endlang in Grobe Richtung Bahnhof. Wir konnten schlecht quer durch die Stadt laufen, zu viele Erzieher wohnten in der unmittelbaren nähe zum Heim. Kurz vorm Bahnhof bogen wir Links auf die Strasse in Richtung Schleife ab. Irgendwann kreuzten wir die Bahnschienen und liefen fortan auf den Schienen weiter bis zum Bahnhof in Schleife. Natürlich hatten wir immer die Lichtsignalanlagen im Auge, wir wollten schließlich nicht überrollt werden, aber wir dachten einfach dass das Risiko sich zu verlaufen auf den Schienen kleiner ist denn so viele Bahnlinien gab es im Osten nicht. Gegen Mitternacht kamen wir in Schleifen an und suchten was zum Übernachten, ein 5 Meter hoher Heuhaufen hat sich förmlich angeboten. Wir sind hochgekrabbelt und haben dann einige Stunden geschlafen. Mann war das kalt, war ja schon Oktober. Wir haben nicht mehr als 4 Stunden geschlafen, dann hat die Kälte uns geweckt. Wir liefen zum Bahnhof weiter und wieder auf die Schienen in Richtung Spremberg. Wir wollten nach Oranienburg, dort hatte Thorsten verwante wo er uns einquartieren wollte.
Unterwegs kamen wir immer wieder an Obstbäumen vorbei, an diesen besänftigten wir etwas unseren Hunger....am frühen Vormittag kamen wir in Spremberg an. Des laufens müde wollten wir etwas mit dem Zug schwarz fahren um abzukürzen. So als hätten wir es gewusst liefen wir im Bahnhofsgebäude Fräulein Poleske in die Arme. Ausgehend davon dass Sie Privat Unterwegs war und nicht unbedingt nach uns gesucht hatte kann man sich vorstellen wie unwahrscheinlich das war dass sowas passiert aber genau so war es, wir konnten es nicht fassen. Natürlich fragte sie erstmal warum wir dort sind und wo wir hin wollten. Ihr war sofort klar dass wir da nicht hätten sein dürfen zu diesem Datum aber sie wollte wohl Panik reaktionen vermeiden also versuchte Sie es mit ner freundlichen Plauderei. Dann ging sie zum Fahrkarten Schalter um Fahrkarten für uns drei nach Weißwasser zu kaufen. In diesem Moment hat sie nicht aufgepasst, wir nutzten die Chance wieder zu verschwinden, wir ranten bis wir weit aus Spremberg raus waren, wieder auf die Schienen in Richtung Cottbus. Uns war wohl bewusst dass man jetzt zumindest unserere Richtung kennt und weiß dass wir uns von Bahnhof zu Bahnhof bewegen. Irgendwo zwischen Spremberg und Cottbus schaltete die Bahn Signalanlage Plötzlich auf Grün aber wir waren durch ein Gespräch abgelengt und merkten es nicht sofort. Wenn das Signal Grün wird hat man etwa 3 Minuten um von den Gleisen runter zu kommen, das wussten wir. Aber wir haben den von hinten nahenden Zug erst an den wibrierenden Gleisen bemerkt, ich schaute schnell zum Signal und wusste bescheid, Ich packte den Thorsten und beförderte uns beide Augenblicklich in einen Graben. es dauerte nur noch etwa 5 bis 7 Sekunden bis ein schwerer Gürterzug vorbei donnerte. Da wir in einer Kurve waren hatte der Fahrer uns nicht bemerkt. Nachdem wir uns von dem Schock erholt hatten, beschlossen wir lieber den Waldweg neben den Gleisen zu nutzen, jetzt kam natürlich kein Zug mehr.
Am frühen Nachmittag waren wir dann, auch mit Hilfe eines alten Fahrrades dass wir unterwegs fanden, in Cottbus am Bahnhof angekommen. Allerdings war mit laufen nicht mehr viel, wir konnten einfach nicht mehr, hatten wir ja kaum geschlaffen unr nur etwas Obst gegessen. Also stiegen wir in Cottbus in den Zug Richtung Berlin ohne Fahrkarte. Dauerte auch nicht lange, da wurden wir erwischt. Da die Dame aber sehr Pflichtbewusst war, leiss Sie uns beim Halt in Vetschau aus den Augen und wir konnten flüchten, raus aus dem Zug und gerannt was das Zeug hält. Ich wusste bis dahin nicht dass ich so schnell rennen konnte, und noch soviel Energie übrig hatte. Mangels anderer Möglichkeiten und eines Weges neben den Schienen mussten wir uns nun wieder auf den Schienen fortbewegen, wir kannten uns ja nicht aus in der Gegend und verlaufen wollten wir uns auch nicht. Mir taten schon furchtbar die Füsse weh. Gegen 21 Uhr ca. waren wir dann in Lübbenau. Thorsten und ich, wir stritten uns ob wir den Bahnhof betreten und in den Zug nach Berlin steigen sollten der am Gleis zufällig stand, uns war bewusst das dass Risiko gefasst zu werden extrem hoch war. Thorsten wollte nicht, ich jedoch wollte keinen Meter mehr laufen... .so liess ich ihm keine Wahl und wir betraten den Bahnhof an der Seite über einen Holzzaun zum Gleis 1. Kaum wollte wir die Treppe runter um zum anderen Gleis zu kommen wo der Zug wartete liefen wir der Polizei in die Arme.....Die brachte uns zur Polizei Wache und sperrte uns in eine Zelle. Wie lange weiß ich nicht mehr, waren sicher stunden. Danach brachte man uns nach Cottbus zur Polizeistation im Bahnof, es war schon weit nach Mitternacht. Dort hat uns der Direktor Herr Hermann mit seinem Trabbi abgeholt. Wir haben uns nicht mehr gewehrt, wir waren Müde, am verhungern, uns Tat alles weh und wir hatten keinerlei Energie mehr. Es dauerte Zwei Tage bis mein Energie Haushalt wieder normal war, erst nach 2 Tagen hatte ich quasi keinen Hunger mehr. (die Mahlzeiten waren ja quasi begrenzt). Ich glaube ich habe mich nie wieder so sehr auf das Essen gefreut wie an diesem Sonntag Morgen. Eine Strafe gab es nicht so richtig. Ne Woche später wurde vom Herrn Heinrich ein tadel für uns beide ausgesprochen, es war ja die erste und einzige Flucht, dies hatte jedoch keine weiteren Konsequenzen. Auch die Erzieher waren nicht sonderlich Sauer, fast so als hätten Sie verständniss gehabt.....