Du hast so Recht, doch ich habe versucht, perfekt dort sein zu wollen, wo ich es etwas könnte, wenn ich denn schon genug Probleme hatte. Das ist so einer der Zwänge und Süchte, für mich alles so weit gut zu machen, weil ja auch mein Name darunter steht. Es ist verrückt, ich weiß und der Versuch des sich auch damit Selbstdisziplinierens wird schon mit meinen Fehlern und Unzulänglichkeiten zu tun gehabt haben. Früher hatten sie uns diszipliniert. Später habe ich mich selbst diszipliniert durch perfekt sein wollen, durch Selbststudium, Wissensaufnahme. Das war meine Macke in dem Sinne, was ihr mir könnt, kann ich schon lange. Es ging Jahre nach der Entlassung los mit teils harten Selbstbestrafungen.
Würde ich jetzt noch eine dritte schwere Missetat beschreiben, zu der sich Bengel um die 10 hinreißen lassen, wir waren zu viert, ich schrieb das schon vor gut 12, 14 Jahren, jedoch nicht hier, und das wurde uns Allen angelastet, weil es Sachbeschädigung war. Weswegen besorgten wir uns in einer kleinen Berliner Weissenseer Fabrik, in der Kugellager hergestellt wurden, diese dämlichen Kugellager? Die lagerten dort haufenweise im Hofgebäude herum. Wir nahmen sie mit, sprengten sie, in dem wir sie in Strassenbahnschienen legten, damit wir an die Stahlkugeln herankommen, wie Raben, die Wallnüsse knacken. Ob die Bahnen hätten entgleisen können? Daran dachten wir nicht. Diese Kugeln verschossen wir dumme Jungs mit dem Katschi und zertrümmerten ein zwar schon etwas kaputtes Glasdach einer nahen Gärtnerei. Wir gaben dem Dach den Rest, es krachte und schepperte, irre der Lärm und ich bekam bald schon die Tracht Prügel meines Lebens.
Damit war ich endgültig fällig und da das bis zur Schule gegangen ist, wurde das schön säuberlich den Akten zugeordnet. Ich war aktiver Mitläufer, lacht, aber wo kam meine Energie her, dabei mitzumachen?? Ich war doch erst 10.
War das etwa meine ganze Wut, meinen Stiefvater umzubringen, wenn ich groß bin, als ich von ihm mit dem Lederriemen auf dem Bett liegend verprügelt wurde? Von ihm wurde ich nur selten verprügelt. Vom ersten jedoch richtig misshandelt. Hier muss sich so viel Wut über Jahre in meinem jungen Leben angestaut haben und ja, das war ich, bockig, schuldig und eigentlich wusste ich es schon fast, dass ich am Schuljahresende fällig war. Nichts half mehr. Keine Tränen.
Das Heim verstand ich genau so, wenn es denn doch hieß, "wenn du nicht lieb bist, kommst du ins Heim". Wie sollte ich lieb sein, wenn es keine Liebe war, die ich bekam? Angeblich hätte man es mit mir doch versucht. Es war zu spät. Jetzt ist es das auch. 01:00 Uhr. Meine CDs warten und der Rotwein wird schon warm. Bald wird es hell.
Dort, wo die Kugellager produziert wurden, lebe ich noch heute, kaum 3 km entfernt. Damals nur 500 m. Ich komme so oft durch die Gegend und es ist wie gestern. Gross geworden bin ich dort. Wie soll man vergessen? Dabei bin ich doch so viel herumgekommen im Leben. Du nimmst es immer mit, egal wohin. Du hast nur Eines.
LG Axel Li
aus Sachsen-Anhalt