Es freut mich, dass du dich daran erinnerst, es gelesen haben, was ich dachte, als ich vor Jahrzehnten nun schon stumm und kalt wie ein Stein erneut in Eilenburg gewesen zu sein. Ja. So war es. Als Ich, 34 jährig dort aufschlug, mit der Bahn aus Leipzig kommend, dort oben hinter der Ileburg, wie der Ort im Mittelalter hieß, ankam.
Ich glaub, verstanden zu haben, was du meintest, mit "nicht allein bewegt haben", worüber ich schreibe und ja, vielleicht half ich bereits anderen schon, es aufgeschrieben haben, wie ich meine Eilenburger Jahre bitter empfand. Ich meine, mehrfach geschrieben zu haben, dass meine in 2006 zusammenstellen Notizen Leuten half, ihre bzw. unsere gemeinsame Zeit einst zu rekapitulieren. Jemand, der mich im Forum seiner Zeit fand, der in meiner Nachbargruppe auf der Etage war, sagte es mir am Telefon, dass das, was und wie ich es schrieb, Stoff für einen Film hergäbe. Einer seiner Zimmergenossen aus dem 6 Bett Zimmer in Blickrichtung Innenhof, schrieb mir, ich hätte viel mehr über die schlimmeren Dinge schreiben sollen, und das, was ich sonst veröffentlichte, wollte er 2006 seiner Mutter zu Weihnachten um die Ohren gehauen haben, damit sie ihrem Sohn endlich glauben würde, was ihr Sohn dort erlebt hatte und ich muß einiges nicht geschrieben haben, weil ich es entweder vergessen oder verdrängt hatte, wie er mir am Tel. sagte. Dabei glaubte ich, so objektiv gepostet zu haben, wie ich es empfand. Dieser Junge, der mir das sagte, wohnte nur max. 2.5 km von mir an meinem heimatl. Wohnort entfernt. Davon erfuhr ich telef., als ich 2006 erstmalig nach der Entlassung im Heim aufkreuzte. Ich radelte dorthin. Sein Name stand nicht mehr am Klingelschild.
Schräg gegenüber wurde die spätere Anlaufstelle für uns ehemal. Heimkinder 2016 eröffnet, in der ich meine Entschädigung hatte beantragen können. Wofür haben sie mich entschädigt und war es gerecht? Hatte ich es verdient, ich, der doch als Kind und Jugendlicher glaubte, zur Strafe um Heim gewesen zu sein?
Zum Thema Mißbrauch, ich selbst hatte es als Junge damals so nur empfunden, wie du es schreibst, doch heute wäre es einer, denn, wenn vielleicht buch einmal 30 Jährige Erzieherinnen 18 heranwachsenden Jungen beim Duschen zusehen, sie beaufsichtigen, dann sieht es schon komisch aus. In der Tat. Ich erinnere mich als 13 Jähriger an eine sehr peinliche Situation im Keller, in dem unsere Umkleideräume untergebracht waren. Beim Wäschetausch mussten wir uns gemeinsam ausziehen, standen nackend nebeneinander und unsere noch junge Erzieherin warf uns die Wäsche aus der Kleiderkammer zu, die wir von dort wöchentlich über den Hof in einem großen Korb abholten. Es war schon merkwürdig. Ich weiß nicht; wie es mir dabei einmal geschehen ist, aber ich eregierte und die Jungs neben mir lachten, wie man es als 13 Jähriger eben so erleben kann. Klar, war es mir total peinlich weil mein Kopf rot wie ein Streichholz war und unsere Erzieherin sah das ganz deutlich.
Heute wäre das Mißbrauch, weil man wohl kaum Erzieherinnen und heranwachsende Jungen um 12 bis 14 aus verständl. Gründen so wir man uns damals zusammenbrachte, in solchen Situationen zusammenbringen kann. Ich hatte das erst seit einer Reihe von Jahren so betrachtet, zumal diese Erzieherinnen auch nicht gerade zimperlich waren, uns vorzuführen, wenn wir verbotene Dinge taten, von denen wir dachten, dass sie es waren. Auch das geschah mir, vor Anderen gedemütigt und vorgeführt zu werden. Ich habe darüber, wohl auch hier schon, geschrieben. Deshalb bleibt mir eine peinliche Wiederholung erspart
Wir konnten allgemein froh sein, dass wir keine Nonnen hatten, die uns, wie in den sogenannten christl. geführten Heimen mit Rohrstöcken züchtigten. Ich glaube, wenn mir das dort passiert wäre; ich hätte ihnen den Hals umgedreht und trotzdem wurden auch manche von uns geschlagen. In Kellern konnte Manches geschehen. So was vergißt man trotz allem nicht. Nicht Schläge tun weh, sondern die Hilflosigkeit. Nicht die Angst davor.
Es ist lange her, unser Leben gelebt und vergessen wurde nicht alles. Gut so.
LG Urlaubsgrüße
Axel