Beiträge von Eli

    Hallo Oli,


    schön, dass Dir meine Eintragungen gefallen haben und Dich vielleicht (hoffentlich!) auf die Spur bringen. Auch ich war lange im Unklaren, welches der Kinderheime in Kleinwalsertal das war, in dem ich meine Traumata erlebte. Dieses hatte ich zunächst sogar ausgeschlossen, weil die Prospektbilder keinerlei Erinnerungen in mir weckten und die Beschreibungen auf ein anderes Klientel hindeuteten. Glücklicherweise bin ich kurz vor meiner Reise auf die beiden Postkarten gestoßen. Und da hat es dann direkt "Klick" gemacht: Der Blick vom Speisesaal, wo noch mein Stuhl auf auf der Postkarte markiert war, nach draußen entsprach genau meiner Erinnerung, die ich hatte, als auch ich mein erbrochenes Essen wieder aufessen musste und beim Blick auf Außenansicht mit dem Anbau war mir sofort klar, das war die Krankenstation in der ich mein Stofftiertrauma erlebte.

    Leider kann ich mich nur eine wenige kurze Sequenzen erinnern. Eine Duschszene ist in meiner Erinnerung mit einer Badewanne verbunden, in der ich stehe. Ob das im Erdgeschoß war, weiß ich nicht. Ich erinnere mich aber, morgens immer in einer Schlange vor Toiletten warten zu müssen und meine, dass die im Erdgeschoß waren; in meiner Erinnerung sind die Toiletten selbst etwas erhöht auf einem Podest aufgebaut. Die Schlafräume waren definitiv oben; Krankenstation ebenerdig im Anbau. Ich kann mich nicht an Wanderungen erinnern, allerdings wurden wir täglich in die umliegenden Waldstückchen geführt und dort uns selbst überlassen. Ich erinnere mich dort dann eher ziellos umher geirrt zu sein. Ich war allerdings 8 oder 9 Jahre vor Dir da und vielleicht haben sich die Abläufe und Gewohnheiten im Laufe der Zeit geändert.

    Es ist gut möglich, dass neben Kindern aus Frankfurt, wie ich, auch welche aus Wetzlar dabei waren. Vielleicht fuhren die Sonderzüge von Wetzlar über Frankfurt Richtung Oberstdorf.

    Bei meine Recherchen hatte ich in YouTube den Film eines Engländers gesehen, den der über seine Kinderheimerinnerungsreise nach Kleinwalsertal gedreht hat. Er hatte als Kind mit seinen Eltern in Deutschland gelebt und wurde auch verschickt; hatte daran allerdings überwiegend gute Erinnerungen. Er erwähnt in seinem Film, dass er vom örtlichen Tourismusbüro entscheidende Hilfe bei der Suche nach seinem Heim bekommen habe. Und auch ich bekam prompt von dort Antwort, nachdem ich den Namen des Heimes gefunden hatte und dann dort nach der Adresse gefragt habe. Vielleicht kann auch Dir dort jemand weiterhelfen, die Heimanzahl einzugrenzen.


    Ich wünsche Dir viel Glück und Erfolg bei Deiner Suche und der Bewältigung. Ich habe meine beiden Heime schließlich gefunden und aufsuchen können. Dabei habe ich erfahren, wie unendlich wichtig das für mich war, auf dem Weg die Erlebnisse zu bewältigen.


    Kleinwalsertal Tourismus eGen, Walserstraße 264, A-6992 Hirschegg

    +43 5517 5114 0

    info@kleinwalsertal.com

    Active holidays in Kleinwalsertal | Vorarlberg, Austria
    Discover the diversity of Kleinwalsertal! Get to know an astonishing ski & hiking area, beautiful accommodations, adventures and more. Book fantastic holidays
    www.kleinwalsertal.com



    Wenn ich Dir irgendwie weiterhelfen kann - gern!


    Viele Grüße


    Eli

    Hier noch etwas mehr Text zu dem Aufenthalt in Kleinwalsertal:


    An derselben Verschickung nahm auch der Sohn unserer Haushaltshilfe, Kurtchen W., teil. Er war wesentlich älter als ich. Meine Eltern sagten mir, er würde auf mich acht geben. Das letzte Mal sah ich ihn auf dem Bahnhof in Frankfurt. Schon im Zug fuhr er ganz woanders mit und ich habe ihn auch im Heim nicht mehr gesehen. Vor einiger Zeit habe ich zwei Postkarten (siehe oben) in den Sachen meiner Mutter gesehen, die er aus dem Kleinen Walsertal an meine Eltern geschrieben hatte. Darin hat er markiert, wo ich säße und wo mein Schlafplatz sei und er berichtete, dass es mir im Heim sehr gut ginge. Letzteres stimmte definitiv nicht. Was hätte er auch schreiben sollen/können, wenn man weiß, dass die Inhalte der Schreiben üblicherweise vorgeben waren und auf jeden Fall zensiert wurden.


    An den ersten Aufenthalt habe ich wenige, dafür aber eher traumatische Erinnerungen:


    • Nach Aussage meiner Mutter gehörten Fischgerichte vor der „Kur“ zu meinen Lieblingsessen.
      Als es dort einmal Fisch gab erwischte ich eine Gräte, die mich reizte und mich musste mich Erbrechen. Ich war stolz, dass ich es geschafft hatte, dass alles auf dem Teller landete und nichts daneben ging.
      Anschließend wurde ich aber gezwungen den Teller vollkommen leer zu essen. Seitdem esse ich keinen Fisch mehr.
      Bis vor wenigen Jahren brachte ich gar keinen Fisch herunter. Der Geruch ekelte mich. Inzwischen bin ich in der Lage den Geruch zu ertragen. Ich kann mich überwinden gelegentlich ein Häppchen zu probieren. Ich finde Fisch inzwischen wieder geschmackvoll aber mit Genuss essen geht nicht, schon gar nicht mehr als ein Häppchen.
    • Ich erinnere mich daran, dass wir morgens in einer langen Schlange in einem Gang warteten. Am Ende des Ganges war eine Art Podest, an das sich eine oder mehrere Toilettenzellen (ich glaube) mit Schwingtüren anschlossen. Ein Kind nach dem anderen sollte sein „Geschäft“ dort verrichten. Wenn ich dran war, setzte ich mich regelmäßig für eine Weile auf die Toilettenbrille. Üblicherweise ging ich dann – gedrängt oder freiwillig (?) – unverrichteter Dinge wieder hinaus.
      Anschließend ging es nach draußen zum Spielen. Zum Schutz vor der Sonne bekam ich jeden Tag eine Mütze aufgesetzt. Das missfiel mir sehr!
      Ich erinnere mich an keinerlei persönlichen, emotionalen Kontakt zu den „Betreuenden“. Das lag mir sehr auf der Seele. Ich empfand sie alle als roboterähnliche, seelenlose Personen.
      Ich wollte sie bestrafen (für ihre Ignoranz und die blöde Mütze). Daher versteckte ich jeden Tag die Mütze im Wald z.B. in einem morschen Baumstumpf. Anschließend lief ich ziemlich ziellos in dem Waldstück umher.
      Einmal kam ich dabei Stück für Stück in eine Art Trance. (Vielleicht ein Sonnenstich?) Aus der erwachte ich nackt in einer Badewanne stehend, wo mich eine Betreuerin recht ruppig abduschte. (Da war wohl dann doch das gekommen was morgens nicht ging!)
      Vor der Kur soll ich vollkommen „sauber“ gewesen sein; danach brauchte ich für einige Zeit wieder Windeln!
    • Während des Aufenthaltes habe ich verschiedene Kinderkrankheiten durchgemacht. Ich erinnere mich, dass ich einmal in der Morgendämmerung in der Krankenstation wach lag. Das war ein ziemlich heller Raum mit viel Glas. Ich habe ihn als halbrunden bis ovalen Anbau in Erinnerung. Die Betten standen mit dem Kopfende in Richtung der Fenster. Ich lag auf dem Rücken und hielt mein Kuscheltier in den Händen. Eine Frau kam aus dem angrenzenden breiten Gang unmittelbar auf mich zu, nahm wortlos das Kuscheltier an sich, drehte sich um und ging wieder den Gang zurück.

      Mein Kuscheltier habe ich nie wieder gesehen!

    Meine Mutter erzählte mir, dass ich, als sie mich im Bahnhof in Ffm nach den 3 Monaten auf den Arm hochhob, mich von ihr abgewendet hätte. Eine ganze Zeit lang (Tage) hätte ich noch gefremdelt.


    Im meinem Leben habe ich immer wieder festgestellt, dass es mir deutlich an „gesundem Urvertrauen“ fehlt. Auch leide ich sehr unter Verlustängsten. Könnten da diese Kindheitserfahrungen eine Rolle spielen?


    In einer Psychotherapie kam der Ansatz auf, zwecks Traumabewältigung die Heime aufzusuchen. Zu dem „Kindersanatorium Marinehöhe“ bin ich am 20.4.2023 gefahren. Inzwischen ist es kein Kinderheim mehr und etwas umgebaut, wird als Eigentumswohnungen genutzt.

    Für mich war es ungeheuer wichtig, das, an was ich mich erinnere, mit den Postkartenbildern und dem Besuch, der Realität, abgleichen zu können. Ich habe erfahren: Die traumatischen Erinnerungen sind keine Phantasien; nein, das ist Wirklichkeit und auch so passiert, wie ich es mir im Kopf ständig herumgeht. Ich hoffe, mit dem Aufsuchen der Heime endgültig zur Ruhe gekommen zu sein. Die aktuellen Fotos sollen den Eindruck in mir aufrechterhalten.

    Meine erste Verschickung ging ins Kleine Walsertal für 3 Monate (Sommer 1959). Ich war noch 4 Jahre alt. Sie erfolgte von der Stadt Frankfurt/Main aus. Ich war als kleines Kind häufig krank und der Aufenthalt in der Höhenluft sollte meiner Gesundheit gut tun, sagte man meinen Eltern.

    In der Tat war der Aufenthalt für mich aber traumatisch. An den dadurch erlittenen Störungen leide ich noch heute.

    Zum Glück ist es mir inzwischen gelungen die beiden Heime ausfindig zu machen. Beide habe ich aufgesucht. Das hat mir bei der Bewältigung sehr viel geholfen.

    Die o.g. Adresse ist falsch:

    Von Nicole *edit*, Kundenservice, Kleinwalsertal Tourismus eGen (*edit*) habe ich folgende Auskunft bekommen:


    "Das Gebäude des ehemaligen Kinderheims Marienhöhe im Ortsteil Wäldele gibt es noch. Das Haus wurde bereits vor vielen Jahren umgebaut und erweitert. Heute befinden sich Eigentumswohnungen darin. Die Adresse lautet Wäldelestrasse 27 und 27a, A 6992 Hirschegg / D 87568 Hirschegg."




    *edit* Private Daten bitte per Konversation/PN (private Nachricht), E-Mail oder auf anderen privaten Wegen austauschen und/oder im Profil hinterlegen. Siehe dazu auch § 3.1.9 der Nutzungsbestimmungen.