Mann so lange ist das her, dass ich hier etwas eingetragen habe, aber anscheind, spiele ich ja für die Einrichtung den Alleinunterhalter, denn seit Anmeldung, hat sich noch nicht ein Ehemaliger hier zu Wort gemeldet. Oh, sorry, stimmt nicht, Joerg1968, entschuldige, ich wollte dich nicht unterschlagen.
Es gab ja schon so einige Sachen, welche ich benannt habe. Was aber auch eine einschneidene Rolle gespielt hat, war damals die Verlegung, nach Weißwasser. Da ich ja so ein ungezogenes Kind war, musste man sicher stellen, dass die Folgende Umerziehung, auch diesmal richtig fruchtet. Am Tag meiner Verlegung, war eigentlich alles wie immer, nur mit dem Unterschied, dass nach dem Frühstück, plötzlich die Heimleitung (Frau Trittel) und zwei Polizisten vor mir standen. Natürlich rafft man es mit 12 nicht gleich, dass jetzt etwas passiert, was dein Leben noch einmal nachträglich verändert, oder es versaut. ich hörte nur "Mitkommen", und schon hatten mich die beiden Polizisten an den Armen gepackt.
Ich kann mich erinnern, ich konnte nicht mal mehr in mein Zimmer, oder irgendwelche Sachen packen, sondern musste gleich runter. Vor dem Heim stand ein Barkers, die ollen von Ostzeiten, wo man hinten einsteigen musste, denn Seitentüren hatten die nicht. Neben dem Barkers stand ein Wagen der Volkspolizei, denn es musste ja befürchtet werden, dass ein 12 jähriges Kind völlig freidreht und ausrastet. Gut, wenn ich mir die Kinder heute anschaue, dann kann ich mir das gut vorstellen, aber damals hatten wir noch nicht solche Wahnvorstellungen. Der Barkers innen war völlig leer, so dass man auf den Boden sitzen musste. Augenscheinlich dachten die sich, na wenn schon zum Henker, dann auch richtig Angst machen, sonst wirkt es ja nicht. Natürlich habe ich geschrien, und versucht mich zu wehren, aber als 12-jährige, was will man da machen? Wie kann man Kindern so etwas nur antun? Die Heimleiterin hat keine Miene verzogen.
Beim Einsteigen wurde man dann auch richtig geschubst, so dass man auch gleich der Länge nach auf den Boden aufschlug. Danach wurde die Tür richtig schön zugedonnert, damit auch die Ohren noch etwas davon abbekommen. Die Seite zum Fahrer, war mit einem Gitter versehen, so dass man sich vorkam, wie in einem Käffig, fehlte nur noch die Leine, zum anbinden. Der schroffe Ton, man solle sich gefälligst hinsetzen, lies auch nicht lange auf sich warten. Mit einem Grinsen, entfernten sich dann auch die Polizisten, die sich bestimmt ihren Teil gedacht haben. Alter, wenn man sich überlegt, dass ein 12 jähriges Kind so eingeschüchtert wird, da würde heute ein Geschrei entstehen, dass den sehen und hören vergehen würde. Nun, war es ja gott sei Dank, nicht im Winter, denn ich hatte nur meine Klamotten auf dem Leib, und nicht mal eine Jacke.
Mit einem Ruck, ging es dann auch los. Anschnallen Fehlanzeige, wenn das heute jemand machen würde, na den Strafzettel will ich sehen. Keiner hat in der Zeit auch etwas gesagt, wo es hingeht, oder Fragen beantworten wollen, denn logisch, man fragt schon, was hier passiert. Zu hören bekam man nur "Klappe halten". Was da in einen vorgeht, kann man gar nicht so richtig beschreiben. Man hat echt todesangst, was da jetzt passiert, oder wo die dich hinbringen. Man sitzt still auf der Erde. Ja, ich hatte richtige Angst, und ja, ich weinte auch, denn ich verstand die Welt nicht mehr. Eben sitzt man noch am Tisch, und dann wird man so gewaltsam in einen Wagen abtransportiert. Man konnte ja auch nicht sehen, wo die hinfahren. Das war ein echter Schock für mich.
Als wir hielten, war der Trotz so groß, dass ich da noch versuchen wollte zu entwischen, denn ich war ziemlich wendig, als kleines Kind. Aber man hatte schon dafür gesorgt, dass ich nicht abhauen konnte, denn was ich nicht mitbekam, denn Stralau hat ja einen Innenhof, mit einem schweren Eisentor. Also nix mit entwischen, aber ich versuchte es dennoch. Als die Wagentür geöffnet wurde, fluschte ich unten raus und rannte einfach drauf los, aber die kannten das bestimmt schon, von anderen Kindern, denn sie unternamen nichts, und ich rannte voll gegen das Tor, weil ich nach hinten schaute.
Tja, und dann fand ich mich hier wieder:
Alt Stralau war schlimm, echt schlimm, aber ich kannte es schon, denn ich war schon einmal hier, weil meine Erzeugnerin uns damals nicht aus dem Kindergarten abholte, und lieber ihrem Suff nachging. Aber es war nur 3 Tage, dass war schon erschreckend, und da war ich noch wesentlich jünger.
Ja, und die Bilder stimmten, man weiß nicht, wie einem geschieht, und lässt es nur über sich ergehen. Die Schikanen und Entwürdigungen waren jeden Tag an der Tagesordnung, und natürlich auch das arbeiten. Die Eingangsuntersuchung ist in meinen Augen, wie eine Vergewaltigung, denn man musste sich komplett nackt ausziehen, dann steheen da alle um dich rum, auch Männer und glotzen dich an, und ja, auch ich wurde gynäkologisch untersucht. Das vergisst ein Mensch nie. Dann werden die Haare komplett abgeschnitten. Man bekommt Kleidung, welche stinkt und zerlumpt wirkt. Einfach schrecklich. Danach kommt man erst einmal in den Isolationsraum, und hat dort zu schmachten, denn es muss ja wirken, dass dem Kind richtig Angst und Bange gemacht wird.
Ich hatte nur wenige wirklich schöne Momente da, wenn wir auf die Dachterrasse dürften, denn ansonten waren da nur Gitter, Arbeit, Nachts wurde man eingeschlossen, hatte nur einen Eimer für die Notdurft. Ich hatte noch Glück, weil ich nur knapp 4 Wochen dort bleiben musste, aber andere waren echt schlimm dran, denn die blieben oft länger, als 6 Wochen dadrin. Aber mit einem 12-jährigen Mädchen, passiert da ganz viel. Die Zeit dort habe ich nie verwunden, zu schlimm und fürchterlich, sind die Erinnerungen. Man kann es heute gar nicht mehr glauben, dass es damals für die Leute ok war, so mit Kindern umzugehen, und heute machen die ein Theater, wenn einem Kind auch nur ein Haar gekrümmt wird. Sagenhaft, was damals uns Kindern zugemutet wurde. Und es gab ja wirklich auch viele Erzieher, denen es richtig spaß machte, Kinder zu quälen, oder sich auch an Kindern vergingen. Da kann ich nur froh sein, dass der Kelch an mir vorbeigegangen ist.
Der Tag dort bestand auch nur aus Arbeiten und schlafen, ganz selten kam man raus, und dann auch nur auf die Dachterrasse, welche hohe Gitter hatte, aber man sah die Sonne, und den Himmel. Nein, so etwas wünscht man nicht seinen ärgsten Feind, aber ehrlich, manchen müssten das mal mitmachen, damit der Demut in der Gesellschaft wieder Einzug hält.
Ja, dass war der Übergang zu Stralau, ich kann im Moment nicht weiter machen, es wühlt einen zu sehr auf. Man denkt immer, man es ist so lange her, da hat man etwas Abstand von, aber never ever, kann ich da nur sagen. Eigentlich wollte ich nicht so enden, denn wenn ich mein Anfang sehe, und jetzt das Ende lese, ja auch beim Aufschreiben passiert etwas, und ich hoffe, für jeden da draußen, der es überlebt hat, dass die Verbrecher ihre gerechte Strafe bekommen.